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Positionen

Künstliche Intelligenz: Stiglitz gegen Andreessen

Dieser Artikel stellt zwei aktuelle und gegensätzliche Positionen zur Künstlichen Intelligenz (KI) und deren Folgen für die Wirtschaft, Arbeit und Gesellschaft vor:

(1) Die Position von Joseph Stiglitz, ein renommierter Ökonom und Nobelpreisträger, der vor der Gefahr der wirtschaftlichen Ungleichheit durch Künstliche Intelligenz warnt.

(2) Und die Position von Marc Andreessen, einem bekannten Investor, Unternehmer und Informatiker (Netscape Browser) sowie Mit-Gründer der Risikokapitalgesellschaft Andreessen Horowitz, der meint, dass Künstliche Intelligenz die Welt retten wird.

Anschließend ziehe ich ein Fazit zu beiden Positionen, gehen auf den Wert unterschiedlicher Positionen und des Diskurses ein; und ich finde auch eine Gemeinsamkeit zwischen Stiglitz und Andreessen. Mit der Aufforderung zum Handeln, um die Chancen von Künstlicher Intelligenz zu nutzen, und dem Beispiel des Solinger IT-Unternehmers Mirko Novakovic, beende ich meinen Artikel.

Im Anhang finden sich ein noch Hinweis sowie Quellen und Links zu weiterführenden Informationen, Videos und Inhalten zu Joseph Stiglitz, Marc Andreessen, Mirko Novakovic sowie zu Psychologie und Wirtschaft.

Joseph Stiglitz: Die Ungleichheit wird durch Künstliche Intelligenz zunehmen

In einem Interview vom 01. August 2023 stellt sich der bekannte Wirtschaftswissenschaftler Joseph Stiglitz den Fragen des Magazins Scientific American zur Situation und Zukunft von Künstlicher Intelligenz hinsichtlich des Arbeitsmarktes.

Wie der Titel des Gesprächs mit Sophie Bushwick »Unregulated AI Will Worsen Inequality, Warns Nobel-Winning Economist Joseph Stiglitz« nahelegt, plädiert der Professor an der Columbia Universität und Chef-Ökonom der Denkfabrik Roosevelt Institute für eine politische Regulierung von Künstlicher Intelligenz – inbesondere da ohne diese sich seiner Meinung nach die wirtschaftliche Ungleichheit in den USA vergrößere.

Führt somit (unregulierte) Künstliche Intelligenz wie ChatGPT zum Verlust tausender Arbeitsplätze oder sogar zur Automatisierung von Hunderten Millionen von Jobs, wie einige Berichte und Prognosen meinen? [Quellen: siehe Links im Anhang]

Und ist es so, wie Stiglitz, der 2001 zusammen mit zwei anderen Forschern den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhalten hat, im Interview sagt, dass »Unfettered capitalism, unfettered innovation, does not lead to the general well-being of our society«? [Anmerkung: unfettered: uneingeschränkt, frei, entfesselt.]

Die Einführung zum Interview startet mit den aktuellen und ersten Demonstrationen der Autoren und Schauspieler aus Hollywood seit den 1960er Jahren, die u.a. durch die Generative Künstliche Intelligenz wie ChatGPT für Texte oder KI für bewegte Bilder und Sprache ausgelöst wurden. Genauer: Durch die verständliche Furcht der Demonstranten, dass die KI ihre Arbeit übernehmen wird.

Die erste Frage an Stiglitz bezieht sich genau auf diesen Trend und z.B. den Einstellungsstopp von IBM. Nach ihm sei jedoch unklar, wie groß das Ausmaß des Jobverlustes sei und er hebt auch hervor, dass es viel KI-Mensch-Interaktionen geben werde: »[…] people will use AI as a productivity-enhancing tool.«

Interessant: Der Ökonom testete die Qualität der Antworten von ChatGPT mit eigenen Trainingsdaten, wie wir im Interview lesen, und berichtet dort über seine Ergebnisse.

Weitere der insgesamt acht Interviewfragen an Stiglitz des Scientific American beziehen sich auf seine Beurteilung der Netto-Summe von Jobverlust vs. Jobgewinn durch KI, von menschlichen Arbeitserzeugnisse als Premium-Produkt, der wirtschaftliche Ungleichheit, von möglichen Lösungen für die reduzierte Nachfrage nach Büroarbeit (kürzeren Arbeitszeiten, 4-Tage-Woche) sowie Anreizen hierfür, von historischen Parallelen zur KI-Revolution und seinem Gefühl der Situation (optimistisch oder pessimistisch).

Am Ende des Interviews sieht er die Politik am Zuge: »Will we be doing the right thing in our policy space? And I think that’s much more problematic.«

© 2023 Stefan Klemens

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Zeitungsartikel

The New York Times: KI-Chatbots an US-Arbeitplätzen

Lieber Gast!

Meine Recherchen zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Human Resource Management (kurz: KI im HRM) finden immer wieder interessante Artikel aus den Weiten des Internets. Und diese teile ich gerne mit der Community. Heute:

Ein Artikel von Yiwen Lu, die aus San Francisco für die The New York Times über Business und Technologie berichtet. Diese publizierte online am 05. Juli 2023 ihren lesenswerten Artikel mit dem Titel:

»As Businesses Clamor for Workplace A.I., Tech Companies Rush to Provide It«

Der Artikel startet mit dem Beispiel von AT&T bei der Einführung eines Chatbots (ChatGPT bzw. Azure OpenAI Services) auf Basis Generativer Künstlicher Intelligenz.

Und der Beitrag zeigt weiter, dass Tech-Unternehmen wie Mircosoft, Amazon, Box, Salesforce, Oracle, Cisco und andere seit Kurzem vier Arten von Produkte auf Basis maschinellen Lernens (von vielen heute mit KI gleichgesetzt, obwohl das Fachgebiet der Informatik natürlich viel breiter ist) anbieten oder planen, um effizienter und produktiver zu arbeiten:

1. Zur Zusammenfassung von Gesprächsnotizen und langen Dokumenten;

2. Zur Erstellung neuer Inhalte wie Verkaufs-E-Mails und Produktbeschreibungen;

3. Zur Erzeugung von Programmcode für Softwareentwickler;

4. Zur Suche nach Unternehmensdaten um Fragen von Beschäftigen zu beantworten.

Zum Schluss geht der Artikel auf die Risiken und Einsatzmöglichkeiten von Chatbots abhängig vom Arbeitsplatz ein.

Hier geht es zum Artikel: https://www.nytimes.com/2023/07/05/technology/business-ai-technology.html

Viel Freude beim Lesen und alles Gute!

Herzliche Grüße, Stefan Klemens

PS: Lust auf einen Austausch zu People Analytics, Digital Assessment oder Künstliche Intelligenz im HRM? Dann vernetzen, Nachricht schreiben oder Termin für ein Online-Meeting vereinbaren.

Weitere Links

Website und LinkedIn-Profil der Autorin Yiwen Lu:
https://www.yiwenlu.net/
https://www.linkedin.com/in/yiwenlu1/

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Künstliche Intelligenz

Forschung aus Düsseldorf: KI im Personalbereich

Lieber Gast,

mit Freude las ich am 01. Mai 2023 einen Artikel in der Rheinischen Post mit dem Titel »Wenn Algorithmen über Jobs entscheiden«.

Der Beitrag aus der Serie »Forschung in Düsseldorf« im Teil C4 der Zeitung greift ein heiß diskutiertes Thema im Human Resources Management auf: Nämlich die Frage, in wie weit Künstliche Intelligenz, besser: Data Science, und Rechenregeln (Algorithmen), die Auswahl von Mitarbeitern unterstützen sollen – und was Bewerber davon halten.

Denn wie viele Fachleute und Praktiker betonen, soll die Entscheidung über die Einstellung oder Entwicklung einer Person (Mitarbeiter sind kein Personal! Personal gab es im Kaiserreich, wie Oswald Neuberger so schön schreibt) in den Händen von Menschen bleiben: Der verantwortlichen Führungskräfte und der HR-Manager. Und genau dies fordert auch die DIN 33430 zu berufsbezogenen Eignungsbeurteilungen.

Doch das KI Entscheidungen treffen sollen, suggeriert der Artikel von Ute Rasch im Untertitel, wenn sie schreibt: »Wie fühlen sich Menschen, wenn Künstliche Intelligenz Personalentscheidungen trifft?«. Zwischen der Beurteilung der Eignung und der Entscheidung liegt jedoch ein Unterschied – wie es dann auch etwas besser im Artikel und der dort zitieren Forschungsarbeit von Alina Köchling heißt bzw. es u.a. untersucht wurde.

Es geht also um im Artikel und der dort beschriebenen Forschung um Frage, wie der Mensch sich fühlt, wenn dessen Eignung in Bezug auf ein vorher definiertes Anforderungsprofil beurteilt wird. Genau dies macht auch ein, hoffentlich, strukturiert durchgeführtes Interview (z.B. in der Form des Multi-Modalen Interviews nach Schuler) oder ein Online-Test (siehe www.digitalassessment.de ab Mitte Mai 2023).

Diese Instrumente messen die Ausprägung (Wert, Score, Value) anforderungsrelevanter psychologischer Merkmale auf einer bestimmten Skala anhand von bestimmten Fragen und Aufgaben, die sorgfältig vorab entwickelt und deren Qualität anhand von Kennwerten (z.B. Test-Item-Korrelation, Trennschärfe) geprüft wurden.

Genauso wie das abschließende Instrument, sei es ein Eignungsinterview oder ein psychologisches Testverfahren, das nunmehr fast immer digital durchgeführt wird. Ohne eine solche Qualitätsprüfung anhand der Hauptgütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität sollte kein Interview oder Test die HR-Abteilung oder die Entwicklerwerkstatt verlassen.

Auch für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Human Resource Management und hier vor allem der Eignungsdiagnostik gelten die gleichen Anforderungen der DIN 33430 und der Beurteilung psychologischer Verfahren, wie Markus Langer von der Uni Marburg in seinem interessantem Online-Vortrag beim Forum Assessment e.V. ausführte. Auch Martin Kersting, ein ausgewiesener HR- und Diagnostik-Experte, erklärte kürzlich bei MWonline, was beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz bei der Auswahl und Entwicklung von Mitarbeitern und Führungskräften zu beachten ist (siehe auch das Interview mit ihm hier.)