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Künstliche Intelligenz: Stiglitz gegen Andreessen

Marc Andreessen: Künstliche Intelligenz wird die Welt retten

Kommen wir zur Position von Marc Andreessen. Vorab jedoch etwas zu seiner Person: Andreessen gründete als junger Mann in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts zu Beginn des Internets das Unternehmen Netscape Communications; und er entwickelte mit Mosaic und dem Netscape Navigator die ersten und historisch bedeutsamsten Browser.

Marc gründete weitere erfolgreiche Technologieunternehmen, die er weiterverkaufte, bevor er 2009 zusammen mit Ben Horowitz das Risikokapitalunternehmen Andreessen Horowitz startete (kurz a16z; wobei die 16 wahrscheinlich für diese Zahl an Buchstaben zwischen dem Anfangs- und Endbuchstabe dieses Kurznamens steht).

Andreessen Horowitz konzentriert sich bei seinen Fonds und Investitionen hauptsächlich auf die Technologiebranche, sowohl Start-Ups als auch gewachsene Unternehmen (z.B. Twitter, Skype, Airbnb, Facebook, GitHub, Groupon, Instragram, Slack, Substack). Heute verwaltet das Unternehmen mit Sitz in Menlo Park in Kalifornien (Teil des Silicon Valley) ein Investitionskapital von rund 35 Milliarden US-Dollar (März 2022) und ist damit eines der größten Risikokapitalunternehmen weltweit.

Mit diesem Hintergrundwissen widmen wir uns dem Artikel von Marc Andreessen unter dem Titel »Why AI Will Save the World«, den er am 06. Juni 2023 auf der Website seines Unternehmens »a16z« veröffentlichte.

Sein Artikel wurde von mehreren Medien und KI-Newslettern bereits zitiert, denn er stammt nicht nur von einem einflussreichem Investor und profundem Kenner der Tech-Branche, sondern bildet auch ein Gegengewicht gegenüber dem zu diesem Zeitpunkt publizierten offenen Brief einer Reihe von Forschern, Entwicklern und Praktikern aus der KI-Szene, die vor den schrecklichen Gefahren von Künstlicher Intelligenz warnen, und die Künstliche Intelligenz mit einer Atombombe vergleichen. [siehe hierzu meinen den letzten Newsblog-Artikel vom 31.07.2023 zum ComputerBase Interview mit Antonio Krüger vom Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz.]

Marc Andreessen setzt sich in seinem Artikel mit fünf häufig genannte Risiken zur Künstlichen Intelligenz im Detail auseinander – wobei er auch auf historische und ökonomische Gründe eingeht und vorher zwei Personengruppen identifiziert, die, wie in der Prohibitionszeit in den USA in den 1920 (Alkoholverbot), die Entwicklungen rund um Künstliche Intelligenz (und allgemeiner: Reformbewegungen) bestimmen wollen: Bootleggers und Baptisten (auf Deutsch ungefähr: Schwarzhändler bzw. Alkoholschmuggler und Religiöse/Moralisten).

Sein Artikel beginnt mit einer kurzen Beschreibung von Künstlicher Intelligenz aus Sicht der Informatik:

»The application of mathematics and software code to teach computers how to understand, synthesize, and generate knowledge in ways similar to how people do it. AI is a computer program like any other – it runs, takes input, processes, and generates output. AI’s output is useful across a wide range of fields, ranging from coding to medicine to law to the creative arts. It is owned by people and controlled by people, like any other technology.«

Mit dieser Definition würden wahrscheinlich sehr viele Fachmenschen übereinstimmen – viele wohl auch der Unterzeichner des oben genannten offenes Briefes zum Stopp bzw. Aussetzen der Forschung zu und Entwicklung von Künstlicher Intelligenz.

Und ich mag seine noch kürzere Beschreibung, was KI sein könnte: »A way to make everything we care about better.« Wie dies aussähe, lesen wir im Anschluss.

»So warum diese Panik?«, fragt Marc Andreessen in einem weiter Absatz später, und er erklärt es mit dem oben genannten Bild der Moralisten und Schmuggler. Und mit der stets geschichtlich aufgetretenen Panik vor neuen Technologien – sei es das elektrische Licht, das Automobil, das Radio oder das Internet. [gesammelt laut ihm unter Pessimists Archive]

Im Anschluss geht der Autor auf die seiner Meinung nach fünf am häufigsten genannten Risiken durch Künstliche Intelligenz ausführlich ein:

  1. Wird KI uns alle umbringen?
  2. Wird KI unsere Gesellschaft ruinieren?
  3. Wird KI alle unsere Arbeitsplätze wegnehmen?
  4. Wird KI zu lähmender Ungleichheit führen?
  5. Wird KI dazuführen, dass schlechte Menschen böse Dinge tun?

Am Anfang des fünften von ihm identifizierten Risikos fasst er zusammen:

»So far I have explained why four of the five most often proposed risks of AI are not actually real – AI will not come to life and kill us, AI will not ruin our society, AI will not cause mass unemployment, and AI will not cause an ruinous increase in inequality. But now let’s address the fifth, the one I actually agree with: AI will make it easier for bad people to do bad things.«

Marc Andreessen ist also der Meinung, dass die ersten vier Risiken nicht real sind, doch dem fünfte Risiko, der Missbrauch von Künstlicher Intelligenz durch böse Menschen, stimmt er zu.

Der Co-Gründer von Andreessen Horowitz geht hier im Einzelnen darauf ein, was man gegen die Gefahren des Missbrauchs von KI durch Kriminelle oder auch Diktaturen tun kann, und nennt zwei Maßnahmen.

Und nach ihm gebe es eine weitere, reale Gefahr: »The single greatest risk of AI is that China wins global AI dominance and we – the United States and the West – do not.«

Zum Ende seines Artikels gibt Marc Andreessen auf die Frage, was getan werden muss, Antworten in einem einfachen Plan mit fünf Punkten: zu großen KI Unternehmen, zu KI Start-Ups, zu KI Open Source, zu den Risiken des Missbrauchs durch schlechte Menschen und zur Verhinderung, dass China globale KI Dominanz erreicht.

Er schließt mit einer verbalen Verbeugung vor den Legenden der Künstlichen Intelligenz, die in den 1940er zusammen mit der Erfindung des Computers startete. Und verspricht ihren Enkeln und Ur-Großenkeln und allen Ingenieuren und KI-Unternehmern, seiner Meinung nach Helden, etwas pathetisch: »My firm and I are thrilled to back as many of them as we can, and we will stand alongside them and their work 100%.«

© 2023 Stefan Klemens

Von Stefan Klemens

Stefan Klemens arbeitet als People & Digital HR Analyst und gründete Schorberg Analytics 2022. Der Diplom-Psychologe und ausgebildete Bankkaufmann ist seit 2006 im Human Resource Management mit dem Schwerpunkt Online-Assessment, Online-Befragung sowie Arbeit, Gesundheit und Persönlichkeit tätig. Zuvor war er Mitarbeiter an der Bergischen Universität Wuppertal im Fachbereich Arbeits- und Organisationspsychologie und Angestellter bei der Stadtsparkasse Düsseldorf. Seit 2020 fokussiert er sich auf People Analytics, Data Science und Künstliche Intelligenz. Weiter ist er Gründer und Administrator der LinkedIn-Gruppe "Wirtschaftspsychologie Region Düsseldorf" (bis 2022 auf XING). Eines seiner Hauptanliegen ist die Verbindung von Zahlen und Statistik mit Intuition und Heuristik für bestmögliche Entscheidungen im Human Resource Management.